Neben allen Meinungen, die uns trennen, gibt es etwas, das uns alle eint: Wir wollen das Beste für unsere Kinder. Wir wollen, dass sie ein glückliches und selbstbestimmtes Leben führen können. Gute Bildung ist dafür eine Grundvoraussetzung. Wir als Bündnisgrüne sind der Überzeugung, dass sich die überragende Priorität von Bildung sowohl im Bildungssystem als auch in der Ausstattung der Schulgebäude zeigen sollte. Schulen sollten moderne, saubere und gut ausgestattete Orte des Lernens, Träumens und Entdeckens sein. „Hier gehe ich zur Schule“ sollten Schüler:innen und Lehrer:innen gleichsam stolz sagen können.

Die aktuelle Situation an den Görlitzer Oberschulen ist davon weit entfernt. Die vier Oberschulen platzen aus allen Nähten und können ihre pädagogischen Konzepte wegen der hohen Belastungen faktisch gar nicht leben. Auch die Prognoseberechnung aus dem aktuellen Schulnetzplan 2020-2030 des Landkreises Görlitz zeigt, dass die Oberschulen in Görlitz durch die positiven Entwicklungen von Zuzügen an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Dabei sind die Berechnungen anhand von Klassenräumen und Schüler:innenzahl nicht allein ausschlaggebend, weil sie die schulische Realität nicht abbilden. Um nur einige Gründe zu nennen: Die Oberschulklassen sind sehr heterogen, unter den Schüler:innen gibt es in jeder Klasse Schüler:innen mit Förderbedarf, unter anderem durch Seh-, Hörschädigung, körperliche und psychosoziale Einschränkungen, die auch teilweise getrennt von den anderen unterrichtet werden müssen, es gibt Hauptschulgruppen mit extra Raumbedarf, Schulsozialarbeiter:innen und Schulpsycholog:innen haben derzeit keine Räume, Unterricht in getrennten Gruppen wie katholische und evangelische Religion benötigen einen Extraraum. Und das vor dem Hintergrund, dass Schule nicht auf 20 Stunden am Tag verteilt werden kann, sondern auf den Vormittag und frühen Nachmittag. Als Klassenräume werden mittlerweile auch Fachkabinette für Musik, Kunst und Biologie mit eingerechnet. Schulraumgrößen von 50 qm, wie es sie an unseren Altbauschulen gibt, sind der durchschnittlichen Klassengröße von 26 Schüler:innen nicht angemessen. Aufgrund der Coronaausfälle hoffen Schüler:innen das Schuljahr wiederholen zu können; Kultusminister Christian Piwarz hat auch entsprechende Möglichkeiten in den Raum gestellt. Allerdings liegt die durchschnittliche Zahl an Schüler:innen an den vier Görlitzer Oberschulen bereits jetzt bei 26 pro Klasse – von maximal 28. Nach Aussagen des Schulamtes sind die bestehenden Schulen nur für 66 Räume konzipiert. Derzeit werden aber 77 Räume belegt oder als Container bereitgestellt. 

Eine zweizügige Oberschule wird mit 12 Räumen berechnet. Aufgrund des aktuellen Raumbedarfs und entsprechend der Prognoseberechnungen brauchen wir die neue Oberschule jetzt.  Container mögen als Zwischenlösung geeignet sein – langfristig spiegeln sie jedoch in keiner Weise die Priorität wider, die Bildung haben sollte. 

Wir als Bündnisgrüne wissen, dass die Haushaltslage der Stadt Görlitz alles andere als komfortabel ist. Aber die begonnene Planung für die fünfte Oberschule zum jetzigen Zeitpunkt zu unterbrechen, ist aus unserer Sicht ein fatales Signal für unsere Stadt. Görlitz braucht jetzt eine fünfte Oberschule, um auch an den bestehenden Oberschulen die Bildungsqualität für unsere Kinder und Jugendlichen sicherstellen zu können. Die Schüler:innenzahlen steigen noch und werden auch in Zukunft nicht unter das aktuelle Niveau sinken. Görlitz will eine familienfreundliche Stadt sein. Bevor Leistungsträger:innen mit jungen Familien nach Görlitz ziehen, werden sie sich vor allem die Schulsituation anschauen. Wenn sie feststellen, dass ihre Kinder womöglich in Containern lernen werden, welchen Einfluss wird das wohl auf ihre Wohn- und Arbeitsortwahl haben?

Bildung hat für uns Bündnisgrüne eine hohe Priorität, daher setzen wir uns für Fortführung der Planungen für die fünfte Oberschule ein und halten gemeinsam mit den Verantwortlichen Ausschau nach passenden Fördermöglichkeiten. Über unsere EU-Abgeordnete Anna Cavazzini recherchieren wir derzeit, ob in unserer Europastadt Görlitz/Zgorzelec das angedachte besondere Konzept der fünften Oberschule nicht ergänzend über gemeinsames Lernen in einer bilingualen deutsch/polnischen Oberschule mit EU-Mitteln gefördert werden kann.