Antrag der Bündnisfraktion zu den geplanten Asylunterkünften in Hirschfelde und Boxberg mit großer Mehrheit angenommen

Ursprünglich erschienen auf der Website der Kreistagsfraktion.


In der Sondersitzung des Kreitages am 18.04. hat die Fraktion Bündnisgrüne- SPD- KJiK einen Antrag zum 

TOP 2 Geplante Asylunterkünfte in Hirschfelde und Boxberg eingebracht. 

In seiner Rede zur Einbringung des Antrages verwies der Fraktionsvorsitzende Thomas Pilz auf einige wichtige Schwerpunkte des Antrages. Er wies eingangs deutlich darauf hin, dass sich die Fraktionen des Kreistages und ihre Mitglieder im Amtseid verpflichtet haben, Recht und Gesetze des Freistaates und des Bundes zu achten und umzusetzen. Somit ist ein klares Bekenntnis zur Umsetzung unserer Verpflichtungen zur Unterbringung von Geflüchteten nach dem Sächsischen Flüchtlingsaufnahmegesetz in dem uns gesetzlich aufgetragenen Umfang kein guter Wille, sondern gesetzliche Pflicht. In diesem Zusammenhang verwies der Fraktionsvorsitzende auf die Notwendigkeit, Zitat: „…den Handlungsspielraum zwischen dem Wohl der Einwohner und seiner Gemeinden und der gesetzlichen Verpflichtung, die uns aus dem sächsischen Flüchtlingsaufnahmegesetz erwächst, auszuschreiten.“

Überdies erteilte Thomas Pilz in seiner Rede fremdenfeindlichen Aussagen wie „Das Boot ist voll“ eine klare Absage und konterte diese unter Bezug auf die durch den Beigeordneten Thomas Gampe eingangs präsentierten Zahlen und Fakten mit der bereits größtenteils gelingenden Integration zahlreicher Geflüchterer im Landkreis und nannte dafür Beispiele. 

Die Bootschaft der Rede und unseres Antrages ist klar:

Wir haben eine gesetzliche und auch eine humanitäre Verpflichtung, Flüchtenden zu helfen und Asyl zu gewähren. Und wir brauchen Zuwanderung.

Bund und Freistaat müssen durch den Landkreis aufgefordert werden, diesem die daraus erwachsenden Kosten zu erstatten(siehe Pkt. 2 unseres Antrages).

Der Landkreis hat für eine frühzeitige und transparente Kommunikation mit den betroffenen Gemeinden Sorge zu tragen und sicherzustellen, dass Art und Weise der Unterbringung den spezifischen Gegebenheiten(Anzahl und Familienstruktur, örtliche Gegebenheiten, Wahrung der Interessen der ortsansässigen Bevölkerung, Einbeziehung der örtlichen Zivilgesellschaft, Sprachmittlung u. a. m.) Rechnung trägt. 


Unser Kreistagsabgeordneter Joachim Schulze kommentierte auf Facebook wie folgt:

„Kommentar zur Sondersitzung des Kreistags in Görlitz am 18.April 2023

Von Prof. Dr. Joachim Schulze, Bürger des Landkreises, Kreisrat

War da was? Ja, es gab den Versuch der so genannten „AfD“, ihr altes politisches Süppchen der Abwehr der Unterbringung geflüchteter Menschen erneut aufzukochen und dabei die Demokraten im Kreistag nach Möglichkeit vor sich her zu treiben oder gar zu spalten.

Und es gab augenscheinlich den Versuch, rechtsradikaler Kräfte, namentlich der so genannten „Freien Sachsen“ und anderer, die Demokraten im Kreistag einzuschüchtern. Gegebenenfalls über ein Eindringen in die Räumlichkeit bzw. die Landnahme mit der Chance, die Sitzung zu chaotisieren und mal zu zeigen, wer das Sagen hat.

Das sind Taktiken, die wir vielerorts sehen und weiter sehen werden und die sicher in eine umfassende Strategie eingebunden sind. Betrieben wird das von reisenden Kadern wie z.B. Michael Brück und Stefan Trautmann, denen es auch gelungen war, sich gestern Zugang zu verschaffen. Obwohl sie gegen Sitzungsauflagen verstießen durch Pöbeln und unberechtigte Videoaufnahmen dauerte es leider zu lange, bis sie vor die Tür gesetzt wurden. Das sollte sich künftig ändern.

Das Verhältnis zwischen „AfD“ und rechtsextremistischen Kleinparteien mag einerseits ein konkurrierendes sein, andererseits ist man sich in der Sache vermutlich einig, Und aus der Vergangenheit kennen wir die Bemühungen von AfD-Funktionären, sich als Parlamentarischer Arm der „Bewegungen“ wie z.B. Pegida anzudienen.  Warum sollte das regional anders sein?

Die „AfD“ im Landkreis sah nun angesichts des großen Medieninteresses (Aufgebot verschiedener Kamerateams) die Chance, den Besten an die Front zu werfen, den sie haben. Herrn Tino Chrupalla MdB, Vorsitzender ihrer Bundestagsfraktion und Sprecher der Partei und – ja – eben auch Kreisrat.

Er gab sich viel Mühe, den Landrat Dr. Stephan Meyer zu beschädigen und die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung zu geißeln. Freundliche Hinweise darauf, dass er sich doch im Kreistag zu Görlitz befinde und nicht im Bundestag beantwortete er mit gockelhaftem Sichaufblähen.

Zum eigenen Antrag kein, ich wiederhole, kein einziger Satz der Erläuterung und mit Fakten unterfütterten Begründung! Übrigens auch nicht in den wohl als Unterstützung gedachten Beiträgen des Rechtsgelehrten und Kreisrates Prof. Dr. Huber, der sich mit seiner eigenwilligen Interpretation der Rechtslage Punkte machen sollte. Schade, dass ihm juristisch nicht Paroli geboten wurde. Was möglich wäre.

Was entnehme ich daraus? Der eigene Antrag wurde von den AfD-Vormännern nicht wirklich erläutert und mit Blick auf kreisliche Aufgaben begründet. Das wäre aber ihre Aufgabe als Kreisräte.

Dies belegt, dass es ihnen um das reine Spektakel geht und allenfalls um Befriedigung ihrer Fanbase.

Thomas Pilz, der den Antrag der Bündnisfraktion aus Grünen, SPD und Kinder und Jugendliche im Kreistag (KJiK) anschließend einbrachte, brachte es – den Herrn Chrupalla direkt ansprechend – auf den Punkt.

Sinngemäß: „Sie belügen doch Ihre eigenen Wähler, die ja zum Teil dahinten sitzen, indem Sie ihnen einreden wollen, es liege in der Kompetenz eines Kreistages, Bundeskompetenzen wie die einschlägige Gesetzgebung per Beschluß zu verändern oder auszusetzen.“

Wie ging es aus? Dem „AfD“-Antrag stimmten lediglich die „AfD“-Kreisräte zu und ein inzwischen fraktionsloses ehemaliges Mitglied = 24, 38 stimmten dagegen. Mit ähnlichem Ergebnis dabei einigen Enthaltungen der Linken wurden die Anträge der Bündnisfraktion und der Verwaltung zur weiteren Beratung in die Ausschüsse verwiesen. Beschlossen werden soll in der Juni-Sitzung

Die Linke war für eine Entscheidung noch am selbigen Tage. Die Einreicher bevorzugten aber die Möglichkeit einer intensiven Befassung mit den zum Teil sehr differenzierten Vorschlägen, die kurzfristig eingereicht werden mussten.

Doch nun zur Sache selbst. Es geht darum, einerseits einer rechtlichen Verpflichtung gegenüber Menschen  die mit unterschiedlichem Hintergrund nach Deutschland kommen, gerecht zu werden. Das ist eine Aufgabe, die wir uns nicht selbst suchen, sondern eine übertragene Aufgabe, der wir uns nicht grundsätzlich entziehen können.

Andererseits haben wir die Verpflichtung, das Wohl der Menschen aus dem Landkreis zu schützen. Der eindrucksvolle Beitrag von Michael Hiltscher, früherer Zittauer Baubürgermeister aus Hirschfeld-Rosenthal, machte deutlich, wie Ängste und Gefühle der 120 Menschen dort sind, wenn die Befürchtung im Raum stehen, dass dort 150 Personen (und überwiegend alleinstehende Männer) untergebracht werden sollen.

Das einfach abzutun als unberechtigt oder gar ausländerfeindlich/rassistisch wäre aus meiner Sicht arrogant, illegitim und mehr konfliktbildend als -lösend.

Man kann Menschen, wie Michael Hiltscher ausführte, z.B. allein in ihren Häusern lebenden älteren Frauen, die zum Teil schon Einbrüche erleben mussten, ihre Ängste nicht einfach absprechen.

Unsere Aufgabe als Kreisrätinnen und Kreisräte ist es, in dem Dreieck zwischen Rechts- und Verfassungstreue, legitimen Interessen der Menschen, die hier ihre Heimat haben und den Menschen, die eine neue Heimat auf Zeit oder vielleicht auf Dauer suchen, optimale Lösungen zu entwickeln.

Die Bündnisfraktion aus Bündnisgrünen/SPD/KJiK hat dem Kreistag einen Lösungsvorschlag für die kommunalpolitische Bearbeitung des Auftrages der Unterbringung mit insgesamt 14 Punkten unterbreitet. Das werde ich in einem späteren Beitrag noch darstellen.

In ersten Reaktionen vor allem der Verwaltung, aber auch aus anderen Fraktionen, wurde bereits deutlich, dass man dem eher positiv gegenübersteht.

Ich will hier drei Aspekte beispielhaft erwähnen aus unserem Antrag, die von der Verwaltungsspitze offenbar aufgenommen werden sollen.

1. Familien mit Kindern und Frauen mit und ohne Kinder sollen eher in den kleineren, ländlichen Orten untergebracht werden. Alleinstehende Männer im städtischen Raum, was Görlitz bedeutet. Jugendliche fallen wie auch früher in das Tätigkeitsfeld der Jugendhilfe.

2. Frühzeitigere Information und Einbeziehung der ortsansässigen Bevölkerung bei den Planungen und Entscheidungen.

3. An die jeweiligen örtlichen Bedingungen angepasste Sicherheits- und Unterstützungskonzepte.

Fazit: So geht verantwortungsbereite und aufgabenorientierte Kommunalpolitik. Die die Interessen der der Menschen im Landkreis auch wirklich vertritt und schützt.

Wir Demokraten dürfen uns nicht bedrohen oder treiben lassen. Weder von der „AfD“, die in der Sitzung sinngemäß mehrfach unsere Abstrafung bei den nächsten Wahlen beschwor, noch von den „Freien Sachsen“ etc.

Gegen erstere hilft Standfestigkeit, Einigkeit und bessere Darstellung und Begründung unserer Sacharbeit. Gegen die anderen hilft ein Sicherheits- und Ordnungskonzept, das uns hilft ungehindert unser freies Mandat auszuüben und genügend Polizei- und Ordnungskräfte vor Ort. Diese haben abschreckende und nötigenfalls repressive Wirkung.

Danke an die Frauen und Männer der Polizei, die den Kreistag gestern geschützt haben. Nach Einschätzung der Lage war das erforderlich. Die Demokratie muss wehrhaft sein gegen ihre Feinde. Und sie kann es auch. Das ist in Görlitz gestern unterm Strich gut gelungen.

Bange machen gilt nicht. Weder lassen wir zu, dass Menschen aus politischem Kalkül Angst gemacht wird, noch lassen wir uns als frei gewählte Mandatsträger einschüchtern.“

Download Redebeitrag des Fraktionsvorsitzenden Thomas Pilz

Download Antrag

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