Gedenken dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953

Annett Jagiela, Bündnisgrüne Kreissprecherin und Direktkandidatin für den Bundestag, hat in Görlitz zusammen mit Franziska Schubert (Landtagsabgeordnete der Oberlausitz für Bündnis90/Die Grünen) dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953 gedacht.
Es folgt der Bericht von Annett Jagiela dazu:

Heute gedachten wir dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953. Dieser Tag ist auch heute noch in unserem gesellschaftlichen Bewusstsein, weil er vor fast sieben Jahrzehnten ein Aufflackern war in einer Zeit von Strenge und Enge. Es war ein Aufstand von unten, der vom Volk ausging und nicht von Menschen, die gesellschaftlich schon viel Gehör hatten. Auf einer 4-tägigen SED-Parteikonferenz wurde 1952 der „Aufbau des Sozialismus“ zur grundsätzlichen Aufgabe erklärt. Das war zuvor von der SED-Führung und Stalin verabredet worden. Dafür wurden beispielsweise die fünf Länder der DDR aufgelöst, die zentral verwalteten 14 Bezirke eingeführt, selbstständige Bauern und Händlern wurden enteignet, es kam zu Betriebsüberprüfungen, Festnahmen und Zuchthausstrafen. Es begann zu rumoren in der DDR und bis zum Juni 1953 kam es immer wieder zu Diskussionen, Auseinandersetzungen in über 300 Gemeinden. Bauern flohen nach Westdeutschland, Bürgermeister und Parteifunktionäre wurden bedrängt. Das sprach sich auch in Berlin herum, u.a. auf der Großbaustelle der Stalinallee. Nachdem am 16. Juni dort die Bauarbeiter ihre Arbeit niederlegten, streikten am nächsten Tag zehntausend Menschen in Ostberlin und viele tausende Menschen in anderen Städten taten es ihnen gleich. In Görlitz, Niesky, Leipzig und Dresden gingen tausende Arbeiter:innen in den Streik und forderten Reformen und freie Wahlen. Die Aufstände wurden durch martialisch aufgefahrene sowjetische Panzer klein gehalten. Teilweise ging die Volkspolizei mit enormer Härte vor. Bis heute ist unklar, wie viele Menschen im Zuge des Aufstands inhaftiert und verschleppt wurden. Das Menschen damals auch in Görlitz und Umgebung inhaftiert und ermordet wurden und wie viele Jahre die Angehörgen nichts darüber wussten – darüber berichtete heute die Leiterin des Städtischen Friedhofs in Görlitz, Frau Evelin Mühle.

Der 17. Juni zeigte die Widersprüche in einem Land, in dem die Staatsmacht vorgab, für die Arbeiterschaft eine perfekte Gesellschaft kreiert zu haben und ideologisch am paradiesischen „Ende der Geschichte“ angelangt zu sein. Das Aufbegehren ermutigte Menschen in östlichen Nachbarländern wie Ungarn und der CSSR, aber auch dort musste man 1956 und 1968 erkennen, dass die Sowjetunion viel Macht hatte und es zur Freiheit noch ein weiter Weg war. Wir können heute mit Respekt und Ehrerbietung an die Frauen und Männer denken, die in Görlitz und anderswo ihre Stimme für Verbesserungen erhoben in einer Zeit, als es tatsächlich ihre Freiheit kosten konnte und viele damit auch auch mit ihrer Freiheit und ihrem Leben bezahlt haben.

Foto von 📸 Paul Glaser – Fotografie
Foto von 📸 Paul Glaser – Fotografie

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