Pressemitteilung MdL Franziska Schubert (BÜNDNIS90/ Die GRÜNEN) zum Thema Kommunaler Haushalt Landkreis Görlitz und Theaterfinanzierung
Nach zähen Jahren der Verhandlung mit dem Sächsischen Finanzministerium hat der Landkreis Görlitz gestern von der Landesdirektion den Bescheid über die Sonder-Bedarfszuweisung für seinen Haushalt 2023/2024 erhalten. Die rund 40 Millionen verteilen sich ungefähr hälftig auf 2023 und 2024. Anerkannt werden dadurch die außergewöhnlichen, unabweisbaren Ausgaben im Sozialbereich, die auch aus der soziostrukturellen Lage im Landkreis resultieren und die Finanzkraft des Landkreises übersteigen. Voraussetzung für die Auszahlung ist allerdings, dass die Haushaltssatzung genehmigt wird. Das wird Gegenstand einer Sonderkreistagssitzung am morgigen Mittwoch sein. Außerdem muss der Landkreis ein erneutes Gutachten anfertigen lassen bezüglich seiner Finanzsituation.
Sonderzuweisung und Sonderkreistag
Franziska Schubert, Oberlausitzer Abgeordnete, Sprecherin für Finanzen und Kommunalpolitik sowie Kreisrätin dazu:
„Es war ein langer Weg bis zu dieser Marscherleichterung. In den letzten Jahren 3 Jahren habe ich mich gemeinsam mit Landrat Dr. Meyer und der Kreisverwaltung auf Landesebene stark dafür eingesetzt, für den Landkreishaushalt diese Marscherleichterung zu erwirken. Es galt dabei, Widerstände zu überwinden. Der Bedarfszuweisung iHv rund 40 Millionen wurde nun mehrheitlich im Landkreistag zugestimmt. Verbunden ist die Bedarfszuweisung jedoch seitens des Finanzministeriums mit Auflagen. Unter anderem soll der Landkreis 4,1 und 6,7 Millionen in 2023 und 2024 einsparen. Gelingt das nicht, sinkt die Höhe der Zuweisung. Die Maßnahmen zur Konsolidierung sollen den freiwilligen und den Pflichtbereich umfassen. Das verursacht Sorgen in verschiedenen Bereichen, was der Rotstift anrichten könnte.“
Kürzungen im Jugendbereich und bei der Kultur?
„So gibt es eine verständliche große Aufregung um mögliche Kürzungen im Jugendbereich. Dazu werden wir im Sonderkreistag am 15.11.2023 diskutieren und ich gehe davon aus, dass es nicht dazu kommen wird. Dieser Bereich ist nicht geeignet, große Einschnitte vorzunehmen. Er ist eingeordnet in der sog. Kategorie 3 – nicht zur Anwendung empfohlen. Denn die Folgen wären erheblich – und Kinder und Jugendliche sind unsere Zukunft. Wir dürfen nicht zulassen, junge Menschen zu verlieren. Die gute Arbeit, die hier seit Jahren geleistet wird, darf nicht abgebrochen werden. Dafür werden wir uns im Kreistag auch engagieren.“
„Auch die Kultur muss in ihrer Vielfalt erhalten bleiben. Sie ist ein Standortfaktor; wir brauchen sie, um attraktiv zu sein auch für Menschen, die wir dazu bewegen wollen, in unseren Landkreis zu ziehen, hier zu arbeiten und zu leben. Der Kulturbereich ist in allen Haushaltsverhandlungen auf Landesebene auch stets ein Schwerpunktthema der BÜNDNISGRÜNEN gewesen. Zur jetzigen Situation rund um die Theater- und Orchesterfinanzierung in den Kulturräumen sind wir erneut aktiv – wir haben allen Intendanten unser Positionspapier zugesandt und verfolgen eine Lösung für die eingetretene prekäre Finanzsituation der Theater und Orchester. Ich bin eng an der Seite unseres Gerhart-Hauptmann-Theaters und unterstütze, wo ich nur kann.“
- https://www.gruene-fraktion-sachsen.de/wp-content/uploads/2023/09/2023-Positionspapier-Theaterfinanzierung.pdf
- https://www.gruene-fraktion-sachsen.de/presse/pressemitteilungen/2023/hilferufe-der-theater-und-orchester-buendnisgruene-wollen-abbau-der-theater-in-sachsen-verhindern/
„Zum geforderten Gutachten: es muss an dieser Stelle gesagt werden, dass der Landkreis Görlitz von der Fachhochschule Meißen ein aussagekräftiges Gutachten hat erstellen lassen. Dieses wurde bislang vom Finanzministerium immer kleingeredet und weggewischt. Insofern bin ich gespannt, welchen Mehrwert ein neues Gutachten haben soll. Ich rechne mit einer Bestätigung der Situation, die wir unentwegt vortragen gegenüber dem Finanzministerium.“
Kommunen finanziell besser ausstatten!
„Grundsätzlich braucht es landesseitig eine strukturelle Anpassung, welche die finanzielle Situation der Kommunen verbessert. Ich habe stets für einen Soziallastenansatz plädiert; kann mir aber auch eine grundsätzliche Umstellung auf ein bedarfsorientiertes Modell umstellen, wie das in anderen Bundesländern schon geschehen ist. Dafür gibt es in der jetzigen Regierungskoalition keine Mehrheit. Aufgrund der sehr klar beschriebenen Situation aus den Landkreisen muss es zu Änderungen kommen. Wer das verneint oder auch blockiert, ist sich der politischen Lage in diesem Land nicht bewusst und gefährdet den sozialen Frieden. Die Kommunen müssen in der Lage sein, Lebensqualität vor Ort sicherzustellen. Wenn noch weiter abgebaut wird, steigt die Unzufriedenheit, was sich in der allgemeinen Stimmung niederschlägt.“
Weitere Kreisräte melden sich zu Wort: Jugendhilfen sollen nicht gekürzt werden!
Thomas Pilz, Kreisrat von Bündnis 90 / Die Grünen im Videostatement vor dem Sonderkreistag: Keine Kürzung der Jugendhilfen!
Thomas Pilz im Video zum Sonderkreistag mit dem Frage um die Jugendhilfe.
Joachim Schulze, Kreisrat von Bündnis 90 / Die Grünen ordnet ein
Dazu vorweg die Erklärung von Landrat Dr. Stephan Meyer via Landkreis Görlitz Seite:
Im heutigen Schreiben an den Landkreis Görlitz hat die Landesdirektion Sachsen eine vorläufige Bedarfszuweisung für den Kreishaushalt 2023/2024 angekündigt.
Landrat Dr. Stephan Meyer betont nochmals die Bedeutung des Beschlusses zum Haushaltsstrukturkonzept im Sonderkreistag am kommenden Mittwoch:
„Der Landkreis Görlitz hat heute einen Bescheid über eine vorläufige Bedarfszuweisung in Höhe von insgesamt bis zu 40.008.941 Euro in Form eines sogenannten verlorenen Zuschusses zur Überwindung außergewöhnlicher Belastungen aufgrund erheblicher sozialer Transferleistungen erhalten. Die Bedarfszuweisung ist unter anderem davon abhängig, dass zusätzlich zum Kreistagsbeschluss vom 29. März 2023 ein Konsolidierungsbetrag für 2023 in Höhe von 4.104.423 Euro und 2024 in Höhe von 6.747.038 Euro beschlossen und umgesetzt wird. Ohne die Bedarfszuweisung drohen dem Landkreis Görlitz eine zweijährige haushaltslose Zeit und die Streichung aller nicht gesetzlich oder vertraglich gebundenen Ausgaben. Der Entwurf des Haushaltsstrukturkonzeptes sieht erhebliche Einschnitte vor, deren Auswirkungen abgewogen wurden. Folglich steht die benannte Kategorie 3 mit Maßnahmen, die theoretisch möglich wären, aber auf Grund der damit verbundenen Auswirkung nicht empfohlen werden, nicht zur Beschlussfassung an. So wäre beispielsweise eine Streichung der Jugendpauschale und der Sportförderung in ihrer negativen Folgewirkung nicht vertretbar und wird daher nicht empfohlen. Diese Einschätzung haben wir bereits bei den Haushaltsberatungen im März diesen Jahres getroffen und sie wird von der Landesdirektion geteilt. Eine Ablehnung des Haushaltsstrukturkonzeptes würde aber zwangsläufig auch die Bereiche der Kategorie 3 betreffen und hätte fatale Folgen. Wir haben die einmalige Chance, durch die Solidarität der sächsischen Kommunen und Landkreise, auf Gewährung einer Bedarfszuweisung. Aus diesem Grund ist die mehrheitliche Zustimmung für die Strukturen im Landkreis Görlitz von entscheidender Bedeutung.“ Verfolgen der Sitzung zum Sonderkreistag im Livestream ist hier möglich: www.kreis-goerlitz.de
Joachim Schulze, Kreisrat von Bündnis 90 / Die Grünen dazu: „Wichtige aktuelle Klarstellung des Landrates zu den Befürchtungen über mögliche Kürzungen in der präventiven Jugendarbeit. Es ist richtig, dass diese immer unter „Kategorien 3“ = theoretisch möglich, aber von der Landkreisverwaltung NICHT empfohlen standen und stehen. In Trägergesprächen wurden sie aber thematisiert. Wenn auch mit dem Hinweis darauf, dass dieses ein WorstCaseScenario sei für den Fall, dass es keinen genehmigten Haushalt gibt.
Was bedeutet das? Wenn man nicht will, dass Angebote für die Menschen wegfallen, weil der Landkreis bestimmte Gelder nicht auszahlen DARF, muss man am Mittwoch dem Haushaltskonzept zustimmen.
Geht das Haushaltskonzept mehrheitlich durch, so sind die Kürzungen in der präventiven Jugendarbeit abgewendet. Werden wir damit „genötigt“ zu einer Zustimmung? Ja. Obwohl wir doch wissen, dass wir die strukturellen Probleme des Landkreises nicht lösen können, der noch auf lange Sicht im Sachsen Vergleich die schwierigsten Rahmenbedingungen und demografiebedingt die höchsten Sozialausgaben stemmen muss.
Deswegen klagen wir vor Gericht für eine verbesserte Finanzierung durch das Land. Das kann Jahre dauern. Die AfD lebt politisch von Chaos und Unzufriedenheit und wird höchstwahrscheinlich den Beschluss ablehnen ohne eine reale Lösung zu haben. Das darf keinen Erfolg haben. Ich persönlich – und hoffentlich die Vernünftigen über Fraktionsgrenzen hinweg – kann mich nur so entscheiden, dass jetzt das geringere Übel in Kauf zu nehmen ist. Trotzdem ist es richtig, dafür zu kämpfen, dass mittelfristig die Finanzierung sozialer Pflichtaufgaben über Bund und Land gesichert wird.„
Mitteilungen vom Stand 14.11.2023
Weiterlesen: Update zum 15.11.2023: Fraktion bringt Entschließungsantrag ein:
https://gruene-goerlitz.de/2023/11/15/antrag-der-fraktion-buendnisgruene-spd-kjik-zur-sondersitzung/
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