Zur Lage in den Kliniken in Trägerschaft des Landkreises Görlitz

Bericht von Prof. Dr. Joachim Schulze, Mitglied des Kreistages (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) in der Fraktion BÜNDNISGRÜNE/KJiK/SPD im Juni 2025

Deutschlandweit geraten viele Krankenhäuser in finanzielle Schwierigkeiten. Das hat vielfältige Ursachen in der Struktur und in der Krankenhausfinanzierung, die durch einen Krankenhausreformprozess des Bundes bearbeitet und gesichert werden sollen.

Im Landkreis Görlitz haben sich der Kreistag, das Landratsamt und insbesondere die zuständige Beteiligungsgesellschaft zu beschäftigen mit a) der Klinikum Oberlausitzer Bergland gGmbH mit den Standorten Zittau und Ebersbach und b) der Kreiskrankenhaus Weißwasser gGmbH. Das Klinikum Görlitz ist in Trägerschaft der Stadt Görlitz. Das Carolus in Görlitz und die Klinik in Rothenburg haben eigene Träger und sind daher von Kreistagsbeschlüssen unabhängig.

Ab Ende 2022 hat sich der Kreistag mit der Frage einer Neuausrichtung der kreiseigenen Kliniken befasst. Der Start war sehr konfliktbeladen, weil ein fertiges Konzept zur Beschlussfassung vorgelegt wurde und heftige Kritik geäußert wurde, dass durch Teilschließungen betroffenes Personal und auch besonders betroffene Kommunen nicht einbezogen wurden. Ein typisches Beispiel einer TOP-DOWN-Vorgehensweise, die zu Recht Unmut hervorruft bei Betroffenen, wenn deren vitale Interessen berührt werden. Und Gesundheit und darin Geburtsvorbereitung und Geburtshilfe sind neuralgische Punkte. Alle Erfahrung zeigt, dass bedeutsame Transformationsprozesse nur dann erfolgreich sind, wenn es eine ehrliche und bedeutsame Beteiligung gab. Auch der Kreistag in Gänze war ungenügend beteiligt worden.

Unsere Fraktion hat spontan eine Brücke gebaut in der Sitzung dadurch, dass das Konzept nicht gleich beschlossen werden sollte sondern lediglich „zur Kenntnis genommen“ wurde, verbunden mit einem klaren Auftrag an den Landrat weitere Gespräche zur Findung eines tragfähigen Konsenses zur führen und verbunden mit Berichtspflichten im weiteren Verlauf. Das fand eine große Mehrheit und seitdem wird so verfahren. Dem Transformationsprozeß, in dem wir uns befinden, hat das gutgetan.

Im Dezember 2022 wurde durch Beschluss des Kreistages der Krankenhaus Weißwasser gGmbH bereits ein Darlehen von 10 Millionen EURO gewährt, um den Transformationsprozeß hin zu einem sektorübergreifenden Gesundheitszentrum überhaupt angehen zu können bzw. weiter arbeiten zu können.

Zwischenzeitlich fand eine Evaluation des Grundsatzsbeschlusses zur Neustrukturierung des Gesundheitszentrums des Landkreises Görlitz Kreistag statt, die mit Stand 23. Mai 2025 dem Kreistag vorgelegt wurde als Grundlage für einen Beschluß in der jüngstem Kreitagssitzung.

Die Evaluation enthält auf 45 Seiten einen Sachstandsbericht zur Transformation und weiter Angaben zur finanziellen Situation der Klinikgesellschaften, zur Krankenhausplanung und zu den Eigentumsverhältnissen der Liegenschaften.

Die sich aus der Evaluation ergebenden Beschlußnotwendigkeiten/die Beschlußvorlage sind dem Foto zu diesem Bericht zu entnehmen.

Die Debatte selbst im Kreistag verlief unspektakulär und überraschend konsensuell. Offensichtlich haben die Mitglieder des Kreistages über alle Parteigrenzen hinweg den Ernst der Lage erkannt und sind willens, die kreiseigenen Kliniken finanziell zu unterstützen und im weiteren Transformationsprozeß mit erforderlichen Maßnahmen zu begleiten. Hervorheben muss man die uneingeschränkte Bereitschaft, die kommunale, d.h. öffentliche Trägerschaft beizubehalten. Also eine klare Ablehnung von Privatisierung, von der man sich auch nichts versprechen kann. Weiterhin gab es deutliche Aussagen dazu, dass der Kreistag das Land und den Bund nicht aus der Mitverantwortung für die Gesundheitsversorgung in und an den Kliniken im Landkreis entlassen wird.

Ergebnis: 63 Ja-Stimmen, keine Nein-Stimme, 3 Enthaltungen.

Nachfolgend dokumentiere ich meinen Redebeitrag zum Beschluß:

Redebeitrag

BV/113/2025 Evaluierung Grundsatzbeschluss zur Neustrukturierung des Gesundheitszentrums des Landkreises Görlitz Kreistag vom 18.06.2025

Prof. Dr. Joachim Schulze, Fraktion Bündnisgrüne/KJiK/SPD

„Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Damen und Herren,

Die Sächsische Zeitung berichtete am Sonnabend über Ergebnisse des Lausitz-Monitors mit der Überschrift „Kreis Görlitz: Hohe Unzufriedenheit mit dem Gesundheitssystem“. Diese im Sachsenvergleich überdurchschnittliche Unzufriedenheit betrifft die wohnortnahe Versorgung durch niedergelassene Ärzte.

Zitat: „Die Erreichbarkeit und Versorgung durch Krankenhäuser schätzten die Befragten in der Umfrage als gut ein.“ Ich ergänze, noch als gut eben so wie sie ist.

Was kann man daraus folgern?

1. Angesichts der Ausdehnung unseres Landkreises zwischen Brandenburg und der Tschechischen Republik ist es wichtig, die Klinikstandorte in der Fläche zu erhalten.

2. Der Mangel an niedergelassenen Ärzten, der sich vermutlich verstärken wird, erfordert andere und innovative Versorgungsmodelle in den Kliniken oder angebunden an die Kliniken und insgesamt eine stärker werdende öffentliche Verantwortung. Gerade auch finanziell.

3. Die Qualität des Gesundheitswesens beispielsweise von der Geburtshilfe über die schnelle Hilfe bei Schlaganfällen bis zur Versorgung hochaltriger und multimorbider Menschen ist einer der zentralen Standortfaktoren für die Attraktivität des Landkreises Görlitz.

4. Es ist gut, dass wir gemeinsam die hiesigen strukturellen Probleme der Krankenhausversorgung, die ja auch deutschlandweit gegeben sind, frühzeitig erkannt haben. Dabei haben wir noch besondere schwere Herausforderungen zu bewältigen, fiskalisch und demografisch.

Ich komme zur heutigen Beschlussfassung. Ihre Begründung finden die drei Punkte des Beschlusses in der Evaluation vom Stand 23.Mai, die als Anlage genannt wird. Ich hoffe, viele von Ihnen konnten die Evaluation lesen, oder können das noch nachholen. Sie hat es in sich.

Meine Damen und Herren, wir müssen uns der bitteren Wahrheit stellen, dass wir auf längere Sicht, vermutlich auf Dauer, unsere Kliniken finanziell stützen müssen. Wieviel davon auf uns auferliegen wird, das wird von einer Neuregelung der Krankenhausfinanzierung abhängen und der Rolle, die Land und Bund künftig spielen müssen. Die Krankenhäuser sind ein unverzichtbarer Teil der in öffentlicher Verantwortung liegenden Daseinsfürsorge. Es ist legitim und auch unvermeidbar, hier über Zuschüsse etc. mitzufinanzieren aus Steuermitteln.

Mit dem heutigen Beschluss, der hoffentlich eine große Mehrheit findet, halten wir den Betrieb unserer Kliniken für die Menschen im Landkreis und für diejenigen, die dort ihr Brot verdienen, aufrecht und gewinnen Zeit. Zeit auch für die bei der Transformation erforderlichen Investitionen, die mit rund 61 Millionen beziffert werden. Ich sprach von der „bitteren Wahrheit“ und möchte dies mit kurzen Zitaten aus der Evaluation untersetzen:

1. Zum Kreiskrankenhaus Weißwasser: „Durch eine ansteigende Inflation, allgemein anwachsende Personal- , Sach- und Energiekosten bei abschmelzenden stationären Fallzahlen und verstärkten ambulanten Indikationen nach ambulantem Operieren ist jedoch auch mit den beschriebenen und erreichten Zwischenschritten eine betriebswirtschaftliche Führung des Krankenhausstandortes Weißwasser nicht auskömmlich möglich.“ (S.28)

„Es ist nicht davon auszugehen, dass die Gesellschaft in den Folgejahren wieder in die Gewinnzone kommt, daher sind eine leistungsunabhängige Finanzierung oder weitere Unterstützung von Seiten des Landkreises Görlitz notwendig.“ (S.30)

2. Zum Klinikum Oberlausitzer Bergland gGmbH „Die Geschäftsführung hat verbunden mit der Fortschreibung der Wirtschafts- und Finanzplanung 2025 angezeigt, dass eine Liquiditätshilfe des Landkreises Görlitz in seiner Funktion als Gesellschafter der Klinikum Oberlausitzer Bergland gemeinnützige GmbH benötigt wird, um eine drohende Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens abzuwenden.“ (S. 32)

„Zur Absicherung des Versorgungsauftrages und Erhalt der Klinikum Oberlausitzer Bergland gemeinnützige GmbH kann nur der Landkreis Görlitz als Träger der Gesellschaft die weitere finanzielle Handlungsfähigkeit sicherstellen.“ (S.33).

Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund und mit diesen Aussichten tun wir heute hoffentlich, was möglich und notwendig ist. Es ist insgesamt auch das richtige und wichtige Signal, dass wir uns zu folgender Willensbekundung im Beschlusspunkt 2 bekennen: „Der Landkreis Görlitz ist entschlossen, die Gesellschaften in kommunaler Trägerschaft weiterzuführen und die durch eine wirtschaftliche Haushaltsführung unvermeidlichen Liquiditätsbedarfe in etwaigen Nachtragsplanungen und Planungen für Folgejahre des Landkreises Görlitz aufzunehmen.“

Dieses Signal setzen wir für die Menschen im Landkreis Görlitz, deren auch gesundheitliches Wohlergehen uns am Herzen liegen muss und für die Beschäftigten. Ich füge hinzu, dass wir im Sinne des Subsidiaritätsprinzips Land und Bund nicht aus der Mitverantwortung entlassen werden können. Und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.“

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