6. Wirtschaft und Strukturwandel richtig fördern

Wir zielen auf eine nachhaltige Stärkung und langfristige Stabilität des Wirtschaftsstandort Görlitz. Dies kann nur strukturiert und planvoll erfolgen, wenn die übergeordneten Ziele und Schwerpunkte klar definiert werden. Deshalb fordern wir die Erstellung eines Wirtschaftskonzepts für die Stadt Görlitz. In welche Richtung soll sich Görlitz entwickeln? Wo liegen die Schwerpunkte? Welche Rahmenbedingungen können überhaupt beeinflusst und verbessert werden? Die gezielte Förderung und Weiterentwicklung des Tourismus in der Stadt sind dabei wichtiger Bestandteil. Die nachfolgenden Punkte sollten Eingang in das Konzept finden.

Strukturwandel gestalten –
Co-Hand-Werking ermöglichen

Innovative und gleichzeitig traditionsbewusste und traditionsachtende Mittelständler aus der gewerblichen Wirtschaft und dem Handwerk bilden die wirtschaftliche Basis unserer Stadt. Wir müssen diese Champions dabei unterstützen, den Schritt in eine digitale Wirtschaft mit vielen neuen unglaublich spannenden und kreativen Konzepten zu gehen. Deshalb wollen wir ein Gewerbezentrum entwickeln, bei dem die Betriebe – mit Unterstützung der anstehenden Strukturförderung aufgrund des Kohleausstiegs – Co-Hand-Werking leben können. Genau wie im bekannten Co-Working-Space-Konzept für PC-Arbeitsplätze, finden die Betriebe und MitarbeiterInnen dort nutzbare Flächen und Werkzeuge und – darüber hinaus – auch Schneid-, Fräß- und Drehmaschinen, 3D-Drucker sowie weitere notwendige Ausstattung für das handwerkliche und gewerbliche Umfeld (gegebenenfalls unter Anleitung), die ein Unternehmen allein sich (noch) nicht leisten kann oder will. Dieses Zentrum kann jeder nutzen, es können Prototypen hergestellt und getestet werden, es gibt die Möglichkeit für den firmenübergreifenden Austausch mit und von Fachleuten, begleitende Forschung durch die Einbindung der Hochschule. So kann eine Kultur des Miteinander, der Offenheit und der gegenseitigen Inspiration entstehen – Co-Hand-Werking eben.

Digitalisierungsoffensive

Neben den großen Konzernen zeichnet sich die Görlitzer Wirtschaftsstruktur durch einen grundsoliden, stabilen Mittelstand aus. Diese eher unauffälligen Unternehmen sind die eigentlichen Stars in der lokalen Wirtschaft und hier tief verwurzelt. Sie haben großes Wachstumspotenzial, dessen Hebung im aufreibenden Tagesgeschäft vielleicht nicht immer die oberste Priorität hat. Deshalb sehen wir die Wirtschaftsförderung als Impulsgeber, Berater und Begleiter. Die Unternehmen müssen den Weg zu durchgängigen Prozessen gehen, um im steigenden Wettbewerb mit immer höheren Kundenanforderungen hin zu immer individuelleren, sofort lieferbaren Produkten zu bestehen. Dieses Potenzial hebt sich nicht von allein und auch nicht nebenbei. Deshalb benötigen wir eine Digitalisierungsoffensive. Hier sind Impulse zum Beispiel in Form von Vorträgen erforderlich, es müssen Best-Practice-Beispiele von Vorreitern in diesem Bereich zugänglich und sichtbar gemacht sowie den Unternehmen die möglichen Potenziale aufgezeigt und Umsetzungsperspektiven geliefert werden.
Da kein oder auch nur ein langsamer Internetzugang bei Standortentscheidungen ein absolutes K.-o.-Kriterium ist, fordern wir den raschen flächendeckenden Ausbau der Breitbandversorgung mit Bandbreiten von mindestens 100 GB pro Sekunde sowie den G5-Netzausbau.

Gewerbeflächen erweitern und nachhaltig entwickeln

Ein zentraler Bestandteil einer auf Zukunft ausgerichteten Wirtschafts- bzw. Ansiedlungspolitik ist die Schaffung von adäquaten Flächenangeboten. Fehlende zusätzliche, geeignete Gewerbe- und Industrieflächen schränken zukünftiges Unternehmenswachstum in Görlitz genauso stark ein wie fehlendes Internet. Deshalb muss der Entwicklung von verkehrstechnisch gut angebundenen, erschlossenen, praktisch zugeschnittenen und sofort nutzbaren Gewerbeflächen absolute Priorität eingeräumt werden. Die Entwicklung der Flächen in Schlauroth muss konzentriert und ohne Verzögerungen vorangetrieben und die Entwicklung weiterer Flächen geprüft und vorbereitet werden. Optimalerweise werden bereits Hallen errichtet, die Unternehmen kurzfristig mieten könnten. Werden die neuen (Hallen-)flächen mit hoher Internetbandbreite versorgt und in die Nähe des Co-Hand-Werking-Zentrums gebaut, kann sich dort ein prosperierender, innovativer Gewerbestandort entwickeln. Hierzu müssen umgehend Gespräche mit den Umlandgemeinden und Zgorzelec aufgenommen werden. Auch kleinteilige Entwicklungen in der Stadt, bei denen eine Kombination aus Arbeits- und Wohnraum in enger räumlicher Beziehung möglich ist, müssen geprüft und – wo sinnvoll – ermöglicht werden

Einzelhandel stärken – Ich kauf hier

Regional einkaufen ist Umweltschutz und Wirtschaftsförderung gleichzeitig. Hier muss der Handel Unterstützung durch Aufklärungs- und Imagekampagnen bekommen. Gleichzeitig liegt gerade die Zukunft für den Einzelhandel Online, das heißt, wenn wir in Zukunft noch lokale Händler haben wollen, müssen diese ihr Sortiment sichtbar im Netz platzieren und bei Bedarf zum Beispiel durch die Wirtschaftsförderung unterstützt werden. Für die Digitalisierungsoffensive sind die Einzelhändler deshalb eine absolut wichtige Zielgruppe und auch eine Wiedereinführung des City Managers, der für Aufklärung, Vernetzung, Sichtbarmachung und Weiterbildung zuständig und ansprechbar ist, ist für eine Zukunft der Einkaufsstadt Görlitz essenziell.
Darüber hinaus wollen wir BÜNDNISGRÜNE, dass die Stadtverwaltung ihre Vorbildfunktion als Auftraggeberin zeigt: Bei Einkäufen und Ausschreibungen von städtischer Seite fordern wir ein regionales Bekenntnis im Rahmen der vergaberechtlichen Möglichkeiten. Auch ökologische und nachhaltige Kriterien sollten bei Ausschreibungen stärker berücksichtigt und in die Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen der Angebote bzw. zu erteilenden Aufträge einfließen.

Wirtschaft richtig stärken

Trotz Bedenken haben wir uns als BÜNDNISGRÜNE im Stadtrat kürzlich einer Senkung der Gewerbesteuer nicht verweigert. Das ist aber kein Allheilmittel, wenn es um die Stärkung der Wirtschaft in Görlitz geht. Wichtiger als diese Maßnahme ist aus unserer Sicht eine tatkräftige Förderung gerade auch der Gewerbetreibenden und Betriebe, die wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten derzeit nicht gewerbesteuerpflichtig sind. Damit unsere Stadt liefern kann, was innovative Unternehmen und ihr anspruchsvolles und hochqualifiziertes Personal einfordern, damit sie nach Görlitz kommen, nämlich eine ordentliche Infrastruktur, ein gepflegtes Stadtbild, hochklassige Bildungs-, Kultur- und Sporteinrichtungen, brauchen wir die Eigenmittel, die aus kommunalen Steuern in den städtischen Haushalt fließen. Das wird jedes verantwortungsvoll handelnde Unternehmen verstehen. Unterbietungswettbewerbe der Kommunen bei den Steuern sind für uns genauso schädlich wie Niedriglohnkampagnen. Die Stärke des Wirtschaftsstandorts Görlitz liegt in der erschwinglichen und dennoch hohen Lebensqualität, gerade im Hinblick auf die Mietpreisentwicklung in anderen Städten. Das kann und muss sehr wohl nach außen kommuniziert werden, gleichzeitig muss mit geeigneten Mitteln dafür gesorgt werden, dass es so bleibt.

Ermöglichungskultur in der Verwaltung

Wer ein Anliegen oder Projekt bei der Verwaltung vorstellt, muss Unterstützung und Umsetzungsmöglichkeiten bekommen. Wir fordern mehr Entscheidungsspielraum für die MitarbeiterInnen in der Verwaltung, bei gleichzeitiger Rückendeckung und Absicherung, wenn doch mal etwas schiefgeht. Nur so werden MitarbeiterInnen motiviert und verantwortungsvoll arbeiten.

Kreativwirtschaft

Die Kreativwirtschaft ist ein zunehmend ernstzunehmender Faktor im modernen Wirtschaftsumfeld. Das Neuentwickeln, das Umgestalten, das Umbauen von Prozessen wird in Zukunft eine enorm große Rolle spielen, denn wir kommen aus einem mechanischen, fossilen, atomaren Weltbild und wandern in Richtung eines digital-fluiden, postfossilen, quantenpsychologischen Weltbilds.
Wir BÜNDNISGRÜNE fordern hier vonseiten der Wirtschaftsförderung eine besser gesteuerte Vernetzung der örtlichen Kreativen. Der bereits eingesetzte Ansprechpartner der Stadt für die Kreativwirtschaft sollte mehr Entscheidungskompetenzen und Möglichkeiten erhalten.
Erster Profiteur der Kreativwirtschaft könnte die Stadtverwaltung selbst sein, wenn sie auf kreative Leistungen eigenständig zugreift. Dadurch schafft sie eine Vorbildwirkung als auch eine Förderung nach innen und eine daraus resultierende Auftragsvergabe nach draußen. Die Vergabe von Aufträgen stimuliert außerdem den Know-how-Aufbau und sorgt für eine Grundnachfrage nach Designleistungen in der Stadtgesellschaft, die durch die freie Wirtschaft aufgegriffen und durch deren Auftragsvergaben verstärkt werden kann. Dies beinhaltet nicht nur die klassischen Designleistungen wie zum Beispiel Grafik- und Webdesign, sondern vielmehr die neuartigen Anforderungen, die an Prozessdesign, Workshopdesign, die Gestaltung von Beteiligungs- und Ausschreibungsstrukturen sowie an die Darstellung verwaltungstechnischer Prozesse nach außen gestellt werden.
Übersetzungsleistungen durch Design können nahezu alle Abteilungen der Stadtverwaltung gebrauchen. Oftmals ist die Verwaltungssprache der Alltagssprache so fremd geworden, dass selbst für gutmeinende StadtbürgerInnen Verwaltungsprozesse nur schwer verständlich sind. Eine Reform des Stadtverwaltungshandelns hin zu einer ermöglichenden Verwaltung mit Dienstleistungsanspruch gegenüber den BürgerInnen muss aber auf verschiedenen Ebenen und für verschiedene Milieus verständlicher werden und darf nicht erwarten, dass die BürgerInnen ihrerseits die Verwaltungssprache lernen. Vielmehr muss Verwaltung eine größere Vielfalt an Kommunikationsformen erlernen und bedarf dafür Kulturmittlern, die beim Übertragen helfen.

Wer GRÜN wählt, setzt sich ein FÜR …

  • ein Wirtschaftskonzept für die Stadt
  • eine proaktive Gestaltung des Strukturwandels
  • Digitalisierung und flächendeckende Breitbandversorgung
  • stärkere und nachhaltigere Gewerbeflächenentwicklung
  • Görlitz als starken Einzelhandelsstandort
  • eine Ermöglichungskultur innerhalb der Stadtverwaltung
  • die Stärkung der Kreativwirtschaft